
Bereit für den Aufschlag? Bewerbungs-Coaching für Akademiker
Spiel, Satz und Sieg? AVGS.BLOG sprach mit Niko Martzy, Gründer und Geschäftsführer des Berliner Coaching-Zentrums ecomex.
Herr Martzy, die deutsche Wirtschaft boomt. Und dennoch gibt es arbeitssuchende Akademiker. Wieso kann nicht jeder Hochschulbesucher aufs berufliche Spielfeld?
Das hat verschiedene Gründe. Regional betrachtet werden Fach- und Führungskräfte für bestimmte Branchen, zum Beispiel Naturwissenschaftler, nicht überall in Deutschland gleichermaßen stark gesucht. Wer hier ein- oder wieder einsteigen will, muss sich geographisch neu orientieren und die Risiken eines Umzugs durch eine geschickte Selbstpräsentation abmildern. Andererseits entwickelt sich unsere Gesellschaft weiter. Babyboomer, die auf Jobsuche sind, treffen auf die iGeneration – Kulturschock! Nicht nur in Bezug auf Technologie, sondern auch auf Arbeitsmodelle. Jobsuche für Akademiker heißt heutzutage auch Selbstfindung und Abgleich mit Marktanforderungen, wenn man in der Oberliga mitspielen will.

Niko Martzy, ecomex
Gut, das betrifft dann wohl eher Akademiker älterer Semester. Und was ist mit den Jungen?
Viele Hochschulen bilden leider immer noch völlig praxisfremd aus. Sicherlich sind bestimmte Studiengänge zur Selbstreflektion bedeutsam. Wenn ich mir allerdings anschaue, welche altertümlichen Lehrkräfte hier teilweise dozieren, wie unflexibel und veraltet Lehrpläne gerade in Bezug auf neue Medien und Online Marketing sind, kann ich nur sagen: Doppelfehler. Studierenden wird suggeriert, sie hätten eine berufliche Zukunft und vermitteltes Wissen sei bedeutsam. Und nichts von dem stimmt. Da werden potenzielle Stars jahrelang mit Lernmitteln konfrontiert, die anderswo in der Welt nich mal mehr in Bibliotheken zu finden sind. Das System produziert Lucky Loser, die eigentlich das Potenzial zum Star hätten.
Ist eine Hochschulausbildung heutzutage denn keine Garantie mehr für einen Arbeitsplatz?
In Deutschland ist die Quote der Studienanfänger von 1998 bis 2015 in die Höhe geschnellt: Startete vor 20 Jahren jeder Dritte eine Hochschulausbildung, so sind es heute bereits mehr als 58% der Studienberechtigten. Auch die Absolventenquote hat sich von 17% auf 32% fast verdoppelt. Kamen die geburtenstarken Jahrgänge, die Babyboomer, nach ihrem Studium noch gut in der Wirtschaft unter, ist es ganz natürlich, dass heute ein Studium kein Garant mehr für einen Arbeitsplatz ist. Gute Ausbildung ist sehr wichtig – ein derart hohes Angebot an gut Ausgebildeten verschärft natürlich den Wettbewerb. Wer nicht Softball oder Kleinfeldtennis spielen will, muss sich neben dem Studium engagieren und Glück haben, ein Praktikum zu finden, bei dem er nicht nur ausgebeutet wird.
Was können Akademiker und Studienabbrecher tun, um ein glückliches, erfülltes und nicht arbeitsloses Leben zu führen?
Wir sehen einen starken Anstieg in der Nachfrage nach beruflicher Weiterbildung. Was uns erstaunt ist, dass unsere Weiterbildungs-Teilnehmer gerade im Bereich Online Marketing immer jünger werden. Es scheint sich folgender Trend abzuzeichnen: Je mehr studieren, umso mehr driftet die Qualität von Elite-Unis und öffentlichen Hochschulen auseinander. Wer auf einigen der öffentlichen Hochschule absolviert, findet immer häufiger einen Einstiegsjob, in dem er „verschlissen“ anstatt an das Berufsleben herangeführt wird. Bei uns schlagen dann viele junge Akademikerinnen und Akademiker auf, die eine 2nd Chance suchen und sich Wissen aneignen wollen, das sie eigentlich schon seit Jahren auf ihrem Campus hätten bekommen sollen. Weiterbildung ist heute also das A und O. Je früher und regelmäßiger, umso besser.
Was ältere Semester betrifft: In der heutigen multi-optionalen Welt benötigen viele 35+ KandidatInnen eine führende Hand – einen Coach, der bei der Selbstfindung, dem Aufdecken von Stärken und Schwächen und dem Erkennen beruflicher Chancen hilft. Nur erfahrene Coaches, die verschiedene Fachbereiche abdecken, können hier helfen. Wer sich auf Einzelkämpfer einlässt, läuft entweder in das Risiko, emotional nicht zu seinem Coach zu passen. Kein Vertrauen, kein Fortschritt. Oder er gerät an einen Dinosaurier, der wie viele der tausenden Coaches in Deutschland selbst ums Überleben kämpft und um jeden Preis einen Beratungsauftrag annimmt.
Ihre Firma bietet AVGS Coachings an, die die Agentur für Arbeit zu 100% fördert. Warum bei Ihnen und nicht bei der Konkurrenz?
Als ich 2004 damit begonnen habe, ein Coaching-Unternehmen aufzubauen, habe ich das bewusst anders gemacht als der Wettbewerb. Ich persönlich coache nur selten – ich bilde das Rahmenwerk, die Infrastruktur, die Prozesse. Wähle das Personal aus und kümmere mich um die Qualität. Dafür haben unsere Kundinnen und Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Coaches nach unserem bewährten OCS Prinzip: Ownership + Competence Splitting. In meiner früheren Laufbahn bin ich hin und wieder selbst an selbsternannte Experten, Gurus und Coaches gelangt, die sich für ganz besonders hielten. Mit dem Aufkommen von Facebook, LinkedIn, Xing & Co. denkt doch jeder, er kann coachen und Lebenshilfe eBooks schreiben – ohne die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Auf diese Art Coach kann ich verzichten.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
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